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Kinder in Regenbogenfamilien

Regenbogenfamilien sind kein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft. Eine Familie gilt im heterozentrierten Umfeld zunächst als eine Konstellation von Vater-Mutter-Kind. Durch diese Normierung werden Regenbogenfamilien als Familienform selten mitgedacht und benannt (vgl. Jespersen 2014). So sind Regenbogenfamilien häufig gezwungen, sich zu erklären. Das ist durchaus eine Belastung. Aus ihrem Umfeld werden ihnen nicht selten Bedenken entgegengebracht: So wird immer wieder eingewandt, dass die Kinder von lesbischen Frauen bzw. schwulen Männern selbst lesbisch oder schwul werden. Dazu ist festzuhalten, dass deren Kinder nicht häufiger eine homo- oder bisexuelle Identität als der Durchschnitt der Kinder heterosexueller Eltern entwickeln, also zu etwa 5-10 %. Eine interessante weiterführende Frage wäre hier allerdings, warum es negativ gewertet wird, wenn die Anzahl der lesbisch bzw. schwul Lebenden zunehmen würde.

Rollenvorbilder und Geschlechtsidentität

Eine weitere geäußerte Sorge lautet, dass Söhne, die ohne Vater, oder Töchter, die ohne Mutter aufwachsen, keine rollenkonforme Geschlechtsidentität entwickeln. Eine Sorge, die auch in der Vermittlung von Adoptiv- und Pflegekindern oft eine Rolle spielt. Die bisher vorliegenden Studien zeigen allerdings, dass auch Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern insgesamt eine rollenkonforme Geschlechtsidentität entwickeln. Aus der Studie des Bamberger Familieninstitutes (vgl. Rupp/Bergold/Dürnberger, 2009) geht hervor, dass die Töchter lesbischer Mütter und schwuler Väter höhere Empathiewerte und die Söhne weniger aggressives und dominantes Verhalten im sozialen Miteinander zeigen.

Umgang mit Diskriminierung

Schließlich haben jene Bedenken einen großen Einfluss, die sich um die Folgen der Diskriminierung drehen. Es wird befürchtet, dass Kinder aus Regenbogenfamilien diskriminiert werden und psychischen Schaden davontragen. Tatsächlich zeigt die Studienlage in Deutschland, dass Kinder aus Regenbogenfamilien verbale Ausgrenzungen von Gleichaltrigen erfahren. Etwa jedes zweite Kind erlebt dies zumeist in der Institution Schule durch Peers (vgl. Rupp 2009). Da die Eltern selbst Strategien im Umgang mit Minderheitenerfahrungen haben, können sie ihre Kinder in vielen Situationen gut begleiten; die Kinder erfahren zu Hause viel Unterstützung, die ihre Resilienz fördert. Gleichgeschlechtliche Eltern sind Experten_innen, wenn es um den Umgang mit Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität geht, sie können ihren Kindern in diesem Themenfeld zur Seite stehen und sie unterstützend beraten. Die soziale Diskriminierung führt in der Folge nicht zu langfristigen negativen psychischen Auswirkungen. Aus der Bamberger Studie geht hervor, dass die Kinder hohe Resilienzwerte und eine geringe Vulnerabilität zeigen (vgl. Rupp, 2009).

Die Bedenken wegen der Folgen von Diskriminierung machen nachdenklich. Wird auch bei anderen Minderheiten die Familiengründung oder Erziehungsfähigkeit in Frage gestellt, weil die Kinder diskriminiert werden könnten? Wenn wir für unsere Gesellschaft ein vielfältiges und friedliches Zusammenleben wünschen, muss die Frage lauten: Wie gestalten wir die Gesellschaft, damit alle Menschen mit ihren Bedarfen einen Platz darin finden?